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„Der Zerbrochne Krug“

Lustspiel von Heinrich von Kleist in einer Fassung von Bérénice Hebenstreit und mit einem neuen Schlussmonolog von Carolyn Amann. Regie: Bérénice Hebenstreit, Landestheater Linz, 22.05.2021

Kritiken: der Standard , Nachtkritik, Nestroy Nominierung 2021

Auszug:

Walter (Original aus dem Variant)

Das Geld? Warum das?

Vollwichtig neugeprägte Gulden sind’s.

Sieh her, das Antlitz hier des Spanierkönigs:

Meinst du, daß dich die Münze wird betrügen?

 

Eve                

verzeiht mir, gnäd’ge Frau

dass wir uns hier nicht missversteh’n

wie käme ich dazu 

dem scharfgeprägten Antlitz zu misstrau’n

dem weitgereisten Kopf aus neuer Welt

ist’s doch der Glaube daran dem wir Warenhandel

und Verkehr, selbst über Meere weg, verdanken 

und der auch uns die stete Besserung verspricht

 

Walter

So ist es Kind, seht sie euch an

 

Eve

Gleichsam liegt mir nichts daran

Ich kenn’ sie wohl, die Münze

die zwischen uns hier steht, zur Diskussion

Doch zeugt sie weniger von Menschlichkeit

als von wahrlich ganz besonders

kraftvoll durchgesetzter Art Geschichte

die einen schwindlig macht und leis’

denn unermeßlich und monströs’

wiegt der Gulden inn’rer Preis

 

Dies glänzende Metall von hoher Dichte

Aus tausend Menschen Schweiß erbracht 

Wo selbst die Kante der Gravuren Zeuge

ist von jenem Geist der furchtlos Berge 

Schluchten, Meere überwindet und mit 

Hilfe von berechneten Programmen 

ein fremdes Land sich biegt und fruchtbar macht

 

Die Kraft der Presse zerschlägt hundert Häupter

und mahlt aus ihren Knochen weißen Sand

von Fingern ausgekratzt aus tiefen Stollen 

strahlt da das Glück in unsrer Hand

 

 Je mehr das Bergwerk preisgibt, wird geprägt

Das Sklavenleid steht nicht in Relation

so dünkt mich, ist’s die gleiche Gier

der Haager Krämer nach Gewürzen

nach Profit und Dividende

nach angestrebtem Wirtschaftsmonopol

  

Es liegt mir fern in Abrede zu stellen

was für die ganze Welt Beweis genug

Ich habe nicht die Wahl ans Geld zu glauben

noch davon abzuwenden scheint mir klug

 

Der Sack mit Gulden scheint betörend

doch sein Gewicht ist mir zu schwer

denn was als hilfreich Angebot und Gabe

euch aus eurem Munde kommt, zerschellt als 

blanker Hohn und Spott mir an den Ohren

  

So bleibt’s allein des bösen Misstrau’n Strafe

da ich des Staates Handeln hinterfrag’

gleich welche Wahl ich treff’

es ist zu meinem Schaden

Gott, wie verfluch ich diesen Tag

 

Ich strebe nicht danach, das Geld 

als lieblos Mittel, mir zu horten

Meine Leidenschaft ist ganz konkret

Mir gehts um Ruprecht, unser Leben

und wehre ab, was zwischen uns auch steht

 

Als wär‘s mein eig’ner Kopf der statt der Münze 

in der Presse liegt aus freien Stücken

So tiefgreifend und fatal wird die Gravur

Das Geld dem Rechte scheint zu weisen

wen welche Pflicht denn trifft und wer auch spurt

(…)